UNIVERSITÄTSKLINIK FÜR RADIOLOGIE UND NUKLEARMEDIZIN

RJT bei bösartigen Schilddrüsenerkrankungen

Beim Schilddrüsenkrebs unterscheidet man differenzierte Karzinome (papillär und follikulär) von undifferenzierten Karzinomen (anaplastisch). Des Weiteren gibt es das C-Zell-Karzinom (medullär). Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Mit steigendem Lebensalter erhöht sich die Wahrscheinlichkeit ein Schilddrüsenkarzinom zu entwickeln. Die Therapie des Schilddrüsenkarzinoms setzt sich aus drei Säulen zusammen, der Operation, der Radioiodtherapie und einer lebenslangen Einnahme von Schilddrüsenhormonen. Die primäre Therapie eines Schilddrüsenkarzinoms ist chirurgisch. Beim Schilddrüsenkrebs ist grundsätzlich die Entfernung der Schilddrüse angezeigt. Beim entdifferenzierten Schilddrüsenkarzinom wird nach der operativen Entfernung der Schilddrüse meist eine Strahlentherapie des Halses durchgeführt.

Ziel der Radioiodtherapie

Operativ ist es kaum möglich die komplette Schilddrüse zu entfernen. Der verbliebene Schilddrüsenrest kann mit Hilfe der Radioiodtherapie vollständig beseitigt werden. Auch wird die Radioiodtherapie bei Wiederauftreten des Tumors im Bereich des operierten Areals oder bei Absiedlungen angewandt. Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist eine Aufnahme des Iod-131, was nur bei differenzierten Schilddrüsenkarzinomen gegeben ist. Wo sich iodspeicherndes Gewebe befindet wird in der Ganzkörper-Szintigraphie dokumentiert.

Vorbereitung der Radioiodtherapie

In einem ausführlichen Gespräch mit dem Arzt werden gemeinsam mit dem Patienten die geplanten Untersuchungen der Schilddrüse und die lebenslange Medikation mit Schilddrüsenhormonen und die regelmäßige Nachsorge besprochen. Vor der ersten Radioiodtherapie wird mittels Ultraschall die Größe des verbliebenen Restschilddrüsengewebes bestimmt. Mit der sich anschließenden Szintigraphie wird das zu therapierende Restschilddrüsengewebe dargestellt und sein Speicherverhalten beurteilt. Sollte die Speicherung 20% überschreiten muss in der Regel eine erneute Operation in Betracht gezogen werden.

Wann kann die Radioiodtherapie durchgeführt werden?

Die erste Radioiodtherapie zur Entfernung der verbliebenen Restschilddrüse erfolgt etwa 4-6 Wochen nach der Operation der Schilddrüse. Zu diesem Zeitpunkt liegt eine deutliche Verminderung der Schilddrüsenhormone im Blut vor. Diese Verminderung ist die wichtigste Voraussetzung für die Durchführung einer Radioiodtherapie (TSH > 30 µU/ ml). Aus diesem Grund dürfen Sie nach der Operation und vor der geplanten Radioiodtherapie keine Schilddrüsenhormone, iodhaltigen Medikamente oder iodhaltige Kontrastmittel erhalten. Eine iodarme Diät wird empfohlen. Auch vor eventuell notwendigen Folgeradioiodtherapien bei Rezidiv, Lymphknotenabsiedlungen oder fernen Absiedlungen muss das zwischenzeitig eingenommene Schilddrüsenhormonpräparat 4 Wochen vorher abgesetzt oder alternativ zweimalig ein Hormonpräparat (Thyrogen) vor Therapie gegeben werden. Welches der beiden Verfahren zur Anwendung kommen kann hängt von der individuellen Tumorklassifikation und der aktuellen Befundkonstellation ab. Bitte beachten Sie das Fahrverb ot bei Schilddrüsenunterfunktion.

Wann kann die Radioiodtherapie nicht durchgeführt werden?

Bei Tumoren mit fehlender Iodspeicherung (in der Regel bei medullären, entdifferenzierten oder differenziert onkozytären Schilddrüsenkarzinom) hat die Radioiodtherapie keine Wirksamkeit. Während der Schwangerschaft und Stillzeit wird diese Therapie nicht angewandt. Eine Therapie kann bei Problemen der Strahlenhygiene (Harninkontinenz, Pflegebedürftigkeit) nicht durchgeführt werden.

Die Radioiodtherapie

Am Tag der Therapie sollten Sie mindestens sechs Stunden vorher nicht gegessen haben. Sie erhalten zur Behandlung im Applikationsraum auf der Therapiestation eine Kapsel mit radioaktivem Iod-131, welches aus der Blutbahn vom Schilddrüsenrest aufgenommen wird und sowohl die nach der Operation noch verbliebenen Schilddrüsenzellen als auch mögliche Mikroabsiedlungen, die iodspeichernd sind zerstören soll. Anderthalb Stunden später dürfen Sie wieder essen. Die zerstörende Strahlenwirkung (ß- Strahlung) hat nur eine Reichweite von wenigen Millimetern. Da gleichzeitig aber auch eine Gamma-Strahlung entsteht, und das Personal keiner unnötigen Strahlenbelastung ausgesetzt werden sollte, bitten wir Sie während der Therapie darauf zu achten größtmöglichen Abstand zu halten. Ihre Schilddrüsendosisleistung wird mit einem über dem Bett in der Zimmerdecke angebrachten Detektor gemessen. Ihre Ganzkörperdosisleistung wird morgendlich ermittelt, sodass Sie Ihren ungefähren Entlassungszeitpunkt erfahren. Die Dauer des stati onären Aufenthaltes bei der Radioiodtherapie reicht von 3 bis 5 Tagen, in Einzelfällen auch bis zu 10 Tagen. Während des Aufenthaltes wird auch der aktuelle Wert des Tumormarkers (Thyreoglobulin) bestimmt. Nach der Therapie wird zur Therapiekontrolle am Entlassungstag eine Ganzkörperszintigraphie durchgeführt. Etwaige außerhalb der Schilddrüse vorhandene Absiedelungen werden hierbei dargestellt und ebenfalls mit der Radioiodtherapie behandelt. Die Radioiodtherapie wirkt bis zu drei Monaten nach.

Mögliche Nebenwirkungen der Radioiodtherapie

Unter der hochdosierten Radioiodtherapie kann es selten vorübergehend zu Entzündungen der Schilddrüsen- und Tumorresten kommen. Diese meist gering ausgeprägten Beschwerden können mit entzündungshemmenden Medikamenten und einer Eiskrawatte gut behandelt werden. Da auch die Speicheldrüsen einen Teil des radioaktiven Iods aufnehmen, können sich diese ebenfalls entzünden. Vorübergehend kann es zu einer Magenschleimhautentzündung kommen. Um dem Vorzubeugen, achten Sie bitte gerade in den ersten Tagen der Radioiodtherapie besonders auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und eine Anregung Ihres Speichelflusses. Gelegentlich wird eine vorübergehende Veränderung des weißen Blutbildes beobachtet. Bei 10-20 % der Patienten, die mit einer hochdosierten Radioiodtherapie behandelt wurden ist eine deutliche dauerhafte Einschränkung der Speichelproduktion, vor allem in den Ohrspeicheldrüsen zu vermerken (Sicca-Syndrom). Das Auftreten von Leukämien (1%) ist dosisabhängig. Bei Patienten mit Absiedlungen in der Lunge k ann es in Folge von wiederholten hochdosierten Radioiodtherapien zu Vernarbungen kommen (< 1%). Bei Männern wird selten bei Hochdosistherapien eine eingeschränkte Spermienproduktion beobachtet. Hinweise auf vermehrte Missbildungen oder andere negative Auswirkungen bei Schwangerschaften nach durchgeführter Radioiodtherapie gibt es nicht. Es sollte jedoch noch 6-12 Monate nach der letzten Radioiodtherapie unbedingt eine geeignete Schwangerschaftsverhütung erfolgen, um eine eventuell notwendige, erneute Applikation von Radionukliden zu ermöglichen.

Nachsorge

Trotz des erfolgreichen Abschlusses der ersten Radioiodtherapie eines differenzierten Schilddrüsenkarzinoms mit einer unauffälligen Ganzkörperszintigraphie und einem nicht mehr messbaren Thyreoglobulinwert, ist eine lebenslange Nachsorge notwendig. Gern begleiten wir Sie in dieser Zeit. Ziel der Nachsorge ist, ein mögliches Wiederauftreten des Karzinoms, bzw. das Auftreten von Absiedlungen rechtzeitig zu erkennen.

Ca. 4 Monate nach Therapie erfolgen im Rahmen der Tumornachsorge ein Gespräch mit dem Arzt, eine körperliche Untersuchung und ein Ultraschall des Halses. Um das Therapieansprechen zu beurteilen wird anschließend stationär eine diagnostische Iod-Ganzkörperszintigraphie angefertigt. Besonders wichtig ist die Kontrolle der lebenslangen Einnahme von Schilddrüsenhormonen, die zusammen mit dem Tumormarker Thyreoglobulin überwacht werden müssen. Bei Patienten mit einem postoperativen Mangel an Parathormon erfolgt eine regelmäßige Kontrolle des Calciums.

Prognose

Die Prognose hängt vom Tumorstadium, vom histologischen Typ und vom Patientenalter ab. Jüngere Patienten haben eine deutlich bessere Prognose.

Die Prognose der differenzierten Schilddrüsenkarzinome ist generell sehr gut. Die 10-Jahres-Überlebensrate wird für papilläre Schilddrüsenkarzinome zwischen 85 und 90 % angegeben, die für follikuläre zwischen 75 und 80 %. Zu Lokalrezidiven kommt es in 5 - 20 % der Fälle, zu Absiedlungen in 10 - 15 %.

Letzte Änderung: 21.03.2024 - Ansprechpartner:

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